Rekapitulation zur Lektion 6: Thema - Rhema (Aussage)
In der letzten Lektion ging es um die Unterscheidung Thema (das, worüber gesprochen wird, was bekannt ist) und Rhema (Aussage, das Neue, das, was wir erfahren).
Diese Unterscheidung ist für die Kommunikation und insbesondere auch für die Lektüre wichtig.
Und es gibt eine (wohl in allen indoeuropäischen Sprachen) grundsätzlich gültige Struktur: das Thema steht eher am Anfang (es knüpft an den Kontext oder das Wissen an), das Rhema eher am Ende.
Man kann dies auch an der Satzstruktur illustrieren.
- Luther legte den Grundstein für die Moderne. (wir sprechen über Luther, die Aussage / neue Information ist: was hat er gemacht? den Grundstein für die Moderne gelegt)
- Der Grundstein der Moderne wurde von Luther gelegt. (Hier ist „Luther“ die wesentliche Information).
Und ähnlich ist es in Texten:
Das Thema steht eher am Anfang (des Textes, des Absatzes, oder auch des einzelnen Satzes) - und lässt sich meist mit einem einzelnen Substantiv oder einer Nominalgruppe nennen).
Die Aussage steht rechts vom Thema, d.h. eher am Ende des Satzes bzw. vor allem am Ende von Absätzen. Die Gesamtaussage steht in der Regel am Ende des Textes (Fazit).
Aussagen haben stets die Form von Sätzen oder Teilsätzen - nicht nur von einzelnen Wörtern.
Einige von Ihnen haben vollkommen richtig bemerkt, dass in englischsprachigen Texten die Aussage meist im ersten Satz eines Absatzes (so, wie im Abstract eines wissenschaftlichen Textes) zusammengefasst wird. In vielen Wissenschaftszweigen (vor allem in der Naturwissenschaft, aber auch in den Sozialwissenschaften) ist dies auch bei deutschsprachigen Texten heute der Fall.
In den älteren, aber auch vielen neueren geisteswissenschaftlichen Texten wird in der deutschsprachigen Literatur aber die genannte Struktur beibehalten: Thema am Anfang, Aussage am Ende (der Absätze, der Kapitel, des Textes).
Für die Lesestrategie bedeutet das nun:
1) Sie sollten den Text überfliegen, um festzustellen, ob die THEMEN für Sie interessant sind. (Das erkennen Sie an Titeln, Zwischenüberschriften, Anfängen der Absätze) und Sie suchen nach Schlüsselwörtern, die sich meist wiederholen.
Wenn die Themen für Sie interessant sind, können Sie Ihr Vorwissen aktivieren (Was weiß ich bereits über das Thema?).
2) Wenn die Themen für Sie interessant sind, müssen Sie sich genau auf die Aussagen konzentrieren (und sich hier eher auf das Ende der Absätze und des Textes fokussieren), und nun GENAU lesen. In dieser Phase ist die Genauigkeit wirklich wichtig. Sie müssen herauslesen, was der Text über das Thema sagt – und nicht, was Sie darüber wissen oder denken. Sonst bleiben Sie in Ihrer „Bubble“ – dann müssen Sie eigentlich gar nicht lesen.
Dieses Problem war bei der Aufgabe "Aussagen" vielfach ersichtlich. Viele von Ihnen haben notiert, was Sie über das Mittelalter ud Luther wissen - aber nicht, was der Text aussagte (Parallelität zwischen Mittelalter und dem Heute - ähnliche Dynamik, Luther als Begründer der Aufklärung und der Moderne).